Kurz gesagt: "World of Darkness" ist ein Fehler. Er könnte CCP wieder an den Rand des Abgrunds bringen. Ich hätte da eine bessere Idee.
CCP ist die Firma hinter EVE-Online. Nach einem schwierigen Start bei dem auch noch der Publisher Pleite ging und CCP das eigene Game vom Insolvenzverwalter kaufen musste, schwimmt CCP seit einiger Zeit im Geld. Im Gegensatz zu allen anderen MOG gibt es bei EVE-Online eine kontinuierliche Steigerung der Userzahlen. Inzwischen zahlen 200.000 Abonnenten 14 $/€ im Monat. Das bedeutet ca. 30 Mio. Umsatz im Jahr. Damit kann man schon was machen.
Vier Dinge macht CCP:
1. Software: EVE-Online wird gepimpt bevor es altbacken wirken konnte. Engine und "Art" wurden komplett neu gemacht. Features werden weiterhin kontinuierlich erweitert, aber was noch bemerkenswerter ist: es kommen auch scheinbar sinnlose Features hinzu, wie das sog. "Ambulation" Projekt (Walking in Stations).
2. Marketing: CCP hat angekündigt Werbung über die bisherige Zielgruppe hinaus zu machen und neue Kundenkreise zu erschließen und dabei speziell Frauen anzusprechen, die in MOGs weniger auf Kämpfen aus sind, sondern mehr auf Socializing. Da Frauen sich noch weniger als Männer mit Raumschiffen identifizieren sondern eher mit (gestylten) Avataren, kommt hier das Ambulation Projekt ins Spiel.
3. Wachstum durch Übernahme: CCP hat White Wolf gekauft. White Wolf ist (relativ un-)bekannt für das Rollenspiel World of Darkness und andere "dark" RPGs mit starkem Storytelling Aspekt, aber weniger 3D, sondern eher Pen-and-Paper. Offiziell ein Merger zwischen den Firmen, aber: "White Wolf will be operated as a wholly-owned subsidiary of CCP. Hilmar Petursson, Chief Executive Officer of CCP, will be CEO of the combined company".
4. Produkte: White Wolf wird World of Darkness als MOG mit der EVE Engine entwickeln.
Es ist toll, dass
- EVE-Online prosperiert, weil es ein Highlight am MOG Himmel ist,
- CCP die Technik verbessert, sogar bevor das nötig wurde,
- EVE-Online auch weniger Geeks, mehr Frauen und andere normale Leute ansprechen soll.
Es ist ganz nett, dass
- man auf Stationen rumlaufen kann und endlich aus dem Schiff rauskommt,
- CCP sich verstärkt durch erfahrene Storyteller,
- CCP ein zweites MOG macht.
Aber:
In einem Interview sagt Mike Tinney von White Wolf, man wisse noch nicht ob man die World of Darkness Zielgruppe mit einem MOG ansprechen kann. Ich kann mich ja irren, aber ganz allgemein ist die Zielgruppe für Vampir/Grusel Rollenspiele bisher nicht so groß. Erst kommt Fantasy, dann lange nichts, dann SF/Endzeit, dann historisch und Gegenwart ziemlich dicht beieinander. Dann kommt in der Popularität Vampir/Grusel/"dark". Zumindest bisher. Vielleicht muss es einfach mal jemand versuchen, aber bisher scheint das Marktpotential eher begrenzt, vor allem, wenn man nicht einmal sicher ist, ob man die World of Darkness Fans rüberziehen will und kann. Ein großes MOG kostet 20-50 Mio $/€. Da sollte man schon was wissen. Darüber hinaus ist die Strategie von CCP nicht ganz stimmig, denn das Ziel Frauen und Mainstream anzusprechen passt nicht zu World of Darkness, noch weniger als zu Hard-Science-Fiction.
Soweit die Kritik.
Jetzt kommt der Vorschlag:
Das neue MOG könnte eine Art Sims-Online im Science-Fiction Skin mit starken Role-Play und Melee-Combat Elementen sein. Wenn man Frauen und den Mainstream ansprechen will, das hat CCP richtig erkannt, sollte man Socializing anbieten. Die Leute müssen sich begegnen können und sich nicht nur als kleine Quadrate auf schwarzem Grund im Scanner sehen. Mit anderen Worten: Avatare, die man stylen kann, ein Leben, das man sich einrichten kann, Stichwort: Player Housing. Sozusagen World of EVE. Das normale Game-Leben würde in einer hyperentwickelten, coolen, privilegierten Welt stattfinden, umgeben von Technik und Lifestyle, mit postmodernen jungen westlichen und asiatischen Street-Trends.
Ausgehend von so einem futuristischen Online Leben würde man Abenteuer in der Oberwelt erleben, Verschwörungen aufdecken und die Welt retten (siehe The Longest Journey). Man könnte in diesem Setting leicht zwischen realem und Cyberspace wechseln (Otherland). Und wo Licht ist, ist auch Schatten. Die Unterwelt der Ultramoderne ist groß, finster und alt. Sie ist ein perfektes Umfeld für eine Art World of Darkness in der Technologie auf archaische Künste und Monster trifft. Vampire? Kein Problem: das Produkt von kriminellem Bioengineering oder entfesselter Nanotechnologie. Oder einfach entstanden in Jahrtausenden in den kilometertiefen Kellern planetarer Megalopolen.
Natürlich sind Abenteuer in Ober- und Unterwelt mit Kämpfen verbunden, mit Skills, Waffen, Quests, Schießen, Nano-/biologische Kampfmittel, Feldwaffen, Casten, Regenerieren, Heilen, fiese Gegner, Roboter, Cyberspace-Hacking, Monster, also Anarchy-Online on Speed. Und hier kommen wir dann zurück zum alten Traum vieler EVE-Online Spieler: Melee-Combat, nämlich nicht nur rumlaufen ("Ambulation") auf Stationen, sondern kämpfen in Korridoren, Stationen besetzen, Gegner aus den Kojen werfen, Kommandozentralen erobern, in dunklen vergessenen Bereichen alter Stationen Quests erledigen und die Welt (Station) retten. Und ... was EVE-Online Spieler nicht zu träumen wagen: auf Planeten landen und in eine hypermoderne, Wohn- und Abenteuerwelt eintauchen.
Das wäre für CCP die perfekte Kombination. Ein Dreigestirn von Socializing/Lifestyle mit einem Melee-Combat MOGs und nahtlosem Übergang zu EVE-Online. Es würde EVE-Online noch attraktiver machen für den Mainstream, gleichzeitig eine neue Welt schaffen, die sogar SecondLife vom Platz fegen kann und genug Raum lassen für die dunkle Seite.
Ich hoffe, dass CCP das noch erkennt und nicht 20 Mio. in das falsche MOG steckt.
3. Februar 2008
CCPs Fehler
Labels: EVE, MOG, Roleplay, SciFi, Second Life, Virtuelle Welten
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