10. Februar 2020
The Big Bang is still on
24. August 2016
Kosmologisches Glaubensbekenntnis
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Das Bild zeigt den größten Teil des Kosmos, der jemals fotografiert wurde: Hubble Ultra-Deep Field |
Hier also mein physikalisch kosmologisches Glaubensbekenntnis:
- glaube an den Urknall. Ich weiß aber nicht wie es dazu kam. Es gibt die Idee, dass das Universum Null Gesamtenergie hat. Dann kann es im Multiversum zufällig aus einer Quantenfluktuation entstanden sein. (bb+)
- bin indifferent was die kosmische Inflation betrifft. Mit "Überlichtgeschwindigkeit" von Planck-Länge zu Atom-Größe. Das ist schon eine wilde These. Es könnte andere Erklärungen geben für die Struktur des Mikrowellenhintergrunds. Ich denke, das finden wir noch heraus. (ci+)
- glaube an eine Multiversum-Theorie, weiß aber nicht welche, vielleicht mit unendlich vielen Universen mit zufälligen Parametern. (mv/rp)
- glaube deshalb auch, dass wir in einem Universum leben und zu einer Zeit in der die Parameter genau so sind, dass unsere Art Leben möglich ist. In sehr vielen Universen und Zeiten ist das nicht so. Das Universum ist nicht für uns gemacht. Wir stellen uns die Frage, ob wir einzigartig sind und ob das Universum für uns gemacht ist (eventuell von jemand), weil wir zufällig hier sind. Wären die Parameter nicht so lebensfreundlich, dann könnten wir die Frage nicht stellen. Also eher Zufall als kreiert. (id--)
- bevorzuge eine einfache Ballon Hypothese als Modell für das 3-dimensionale Universum Mein einziger Grund ist Ockham's Razor, denn alle anderen Theorien sind komplexer aber nicht besser (besser im Sinne von beweisbarer).
- bin noch skeptisch bei dunkler Materie. Ich sag mal 50:50, dass es was in unserem Universum ist, z.B. bisher unbekannte Elementarteilchen. Kann aber auch ein anderer Effekt sein, z.B. die Gravitationswirkung von Materieballungen anderer Universen, die über höhere Dimensionen des Multiversums in unseres hinein wirkt. Das kann Gravitation vermutlich. Update: nach neuesten Erkenntnissen eher keine "Einstreuung", sondern doch was bei uns. (dm+)
- bin kritisch gegenüber der populärwissenschaftlichen Interpretation von dunkler Energie, insbesondere der Teil mit 70 % des Universums usw. Ich glaube das ist was anderes. (de-)
- glaube nicht an Supersymmetrie. Erstens ist das viel Theorie und nötige Teilchen im Vergleich zum Mehrwert. Zweitens hat man noch keinen der supersymmetrischen Partner gefunden. Bis dahin: nein. (ss-)
- bin kritisch bei der Stringtheorie, weil sie schwer zu beweisen ist. Ein Puzzlestück fehlt mir tatsächlich noch. Warum ballt sich Energie zu verschiedenen Typen von Elementarteilchen zusammen. Was macht ein Klümpchen Energie zum Gluon? Da muss eine Theorie her. Da würde die Stringtheorie passen, aber es könnte auch was ganz anderes sein. (st-)
- finde Schleifenquantengravitation nett. Eigentlich gilt das gleiche, wie für die Stringtheorie: schwer zu prüfen. Aber ich könnte mir vorstellen, dass alles quantisiert ist, auch der Raum. Quantisierung macht das Leben immer interessant. Alles was wir kennen entsteht aus Quantisierung. Ein gutes Prinzip. Allerdings ist die Skala so klein, dass es praktisch nicht relevant ist. Das ist schade. Abgesehen von der Skala könnte man eine Ähnlichkeit sehen zwischen quantisierter Raumzeit und Gitter-QCD. Das könnte darauf hindeuten, dass wir in einer Simulation leben, Glaube ich aber nicht. (lqg+)
- Nebenthema Fermi-Paradox: Ich glaube (leider) an Thesen wie Great-Filter, Rare-Earth, Rare-Intelligence. Mit anderenWorten, keine Aliens, zumindest nicht in Reichweite. Pech. Milliarden erdähnliche Planeten pro Milchstraße hin oder her. Great Filter quetschen die Wahrscheinlichkeit gaaanz schnell zusammen. (fp/gf)
- Nebenthema Simulationshypothese: Wenn unsere Art intelligentes Leben im Prinzip einzigartig ist (wie gesagt, nicht anthropozentrisch, sondern zufällig und "rare"), dann spricht die Statistik nicht für eine Simulation. Andererseits, die Fernwirkung der Quantenverschränkung und das Doppelspaltexperiment mit verzögerter Erkenntnis lassen mich etwas schaudern. Genau so würde man eine Simulation effizient machen: solange keiner hinschaut als Welle und erst dann als Teilchen, wenn eines der simulierten Wesen genau nachmisst. (sh-)
Zurück zur Physik:
- habe nicht an das einfache Higgs geglaubt und bin immer noch skeptisch. Ich finde es gut, wie CERN offiziell formuliert: Man hat ein "Boson mit Higgs-artigen Eigenschaften" gefunden. Aber ob es das einig wahre Higgs ist und ob es das wirklich gibt, bin ich nicht sicher. Der Higgs-Mechanismus ist fast zu einfach und konstruiert, um wahr zu sein. LHC hat eben gefunden, was gesucht wurde. Hätte man eine anderen mathematischen Mechanismus erfunden und was anderes gesucht...naja. Update: OK, das ging daneben. Es scheint wirklich das schlichte Higgs zu sein, wie langweilig.
- glaube die Allgemeine Relativitätstheorie trifft es schon ziemlich gut ("nails it"). Ich könnte mir noch Quantenkorrekturen vorstellen, die auch die ART wieder als Näherung erscheinen lassen. (gr+++)
- fürchte, dass die spezielle Relativitätstheorie stimmt, also erstmal keine Überlichtgeschwinigkeit, keine Zeitreisen. Aber ich habe noch Hoffnung, dass man das "umgehen" kann ohne die SRT zu verletzen. Das würde natürlich bedeuten, dass es Beobachter gibt, bei denen die Kausalität verletzt ist. Aber diese Beobachter könnten selbst keinen Einfluss nehmen. Also hoffe ich, dass die geradezu dogmatische Kausalitätsforderung der modernen Physik ("kausal für alle Weltlinien") etwas aufgeweicht wird. (sr++)
- kann mir vorstellen, dass es nicht zwingend eine große vereinheitlichte Theorie geben muss. Vielleicht wirken Standardmodell und ART unabhängig voneinander und lassen sich nicht vereinheitlichen, vielleicht nicht einmal bei sehr hohen Energien. Warum soll es nicht zwei fundamentale Strukturen und unabhängige Wirkungen geben? Mal davon abgesehen, Standardmodell beschreibt Teilchenfelder in einer ART Raumzeit. Gravitation ist keine vermittelte Kraft, sondern ein Effekt der Krümmung, eine Scheinkraft, wie die Kraft durch Beschleunigung. Also gibt es auch nichts zu vereinheitlichen und kein Skalenproblem. Wenn Gravitation keine Kraft ist, wie die anderen, dann stellt sich nicht die Frage warum sie sooo viel schwächer ist. Invers relativ gesehen: Stark (1), E/M (100), Schwach (1.000.000), alle gefühlt in einem "vernünftigen" Bereich, dann lange nichts, dann Gravitation (10^38), echt jetzt. (gut-)
Mein Kosmo-Code:
bb+ ci+ mv/rp id-- dm+ de- ss- st- lqg+ fp/gf sh- sm+++ gr+++ sr++ gut-
_happy_believing()
22. April 2015
Interview auf dem Deutschen Science Fiction Portal
Eine Frage hat mir besonders zu Denken gegeben: Inwieweit fließen reale Forschungsergebnisse und Entdeckungen in Ihr Projekt ein?
Anfangs dachte ich, dass ich als naturwissenschaftlich interessierter Physiker mein Wissen oft verwende. Immerhin lese ich die Zeitschrift der Deutschen Physikalischen Gesellschaft, Spektrum der Wissenschaft und Science Blogs. Ich verfolge die neueste Hochenergiephysik, war sogar live (im Stream) bei der Veröffentlichung des Higgs und bei der Landung von Philae dabei.
Bei genauerem Nachdenken ist mir dann aber aufgefallen, dass ich neuesten Erkenntnissen eher skeptisch gegenüberstehe. Damit meine ich nicht, dass ich sie anzweifle. Neueste wissenschaftliche Erkenntnisse sind (fast) immer korrekt. Aber es kommt immer wieder vor, dass sie später anders interpretiert werden können. Und da ich bei Galactic Developments aus der Sicht der Zukunft schreibe, bin ich vorsichtig mit brandneuen Erkenntnissen, die später relativiert werden könnten. Wenn ich Galactic Developments schreibe, dann aus der Sicht des Artikels ja schon ein paar hundert Jahre vergangen und es sind neue neueste Erkenntnisse dazugekommen, die die alten neuesten Erkenntnisse vielleicht in einem anderen Licht erscheinen lassen.
Vorsicht vor Extrapolation:
Die erste Eisenbahn war mit 28 Stundenkilometer wahnsinnig schnell. Der Begriff "schnell" hat sich sicher gewandelt. Heute ist ein Zug mit 100 km/h nicht besonders schnell. Schreibt man also, dass ein Regionalzug im 25. Jahrhundert 500 Stundenkilometer "schnell" ist, dann mag das heute toll klingen. Ist auch vermutlich nicht mal falsch. Aber Thema verfehlt, weil alles ganz anders ist und Räder nicht mehr auf Metall rollen. Vielleicht nicht einmal auf Magneten schweben. Merke: einfaches Extrapolieren geht nicht. Ich versuche deshalb disruptive Änderungen zu erfinden, statt die neuesten Erkenntnisse zu extrapolieren.Vorsicht vor impliziten Annahmen:
Die Legende sagt, dass Galileo Galilei auf den Schiefen Turm von Pisa gestiegen ist, zwei Metallkugeln fallen gelassen hat und so die Fallgesetze erfunden hat: alles fällt gleich schnell und zwar immer schneller mit einer Beschleunigung von 9,81 m/s2.Das war damals die neueste Erkenntnis. Das ist auch immer noch richtig. Aber heute würden wir das nicht so formulieren, denn das stimmt nur auf der Erde und auch da nur auf Meereshöhe. Auf dem Mond sieht das anders aus (nur ein Sechstel davon), in tiefen Bergwerken auf der Erde ist es auch weniger (im Promille Bereich). In einer Erdumlaufbahn fällt man gar nicht auf die Erde.
Newton und Kepler haben die Gesetze der Gravitation und Bewegung verallgemeinert, so dass sie auch auf dem Mond und in tiefen Bergwerken gelten. Das macht die neuesten Erkenntnisse von Galileo nicht falsch, aber rückblickend hat Galileo "nur" einen Spezialfall beschrieben, keinesfalls allgemein gültige physikalische Gesetze.
Und dann kam Einstein und erklärte, dass auch die neuesten Erkenntnisse von Newton und Kepler nur eingeschränkt gelten. Sie stimmen, aber nur solange sich alles langsam bewegt, wenn die Schwerkraft nicht sehr stark ist und man kann sie überhaupt nur auf normale Materie anwenden, aber z.B. nicht auf Licht.
Einstein schrieb neue Formeln auf, die auch dann noch gelten, wenn sich sehr schwere Massen sehr schnell bewegen oder bei Lichtteilchen, die gar nichts wiegen und sogar mit Lichtgeschwindigkeit fliegen. Es stellte sich heraus, dass auch die Formeln von Newton und Kepler Spezialfälle einer allgemeineren Theorie waren. Und die neuesten Erkenntnisse waren plötzlich alt. Nicht falsch, aber nicht allgemein anwendbar.
Also Vorsicht vor den neuesten Erkenntnissen der Wissenschaft. Die sind richtig, können sich aber als Spezialfälle herausstellen und später etwas altbacken wirken. Man bekommt sogar den Eindruck, dass die Aussage von Galileo "alles fällt gleich schnell" ein bisschen falsch ist. Das liegt aber nur daran, dass er es so allgemein formuliert hat und dabei ein paar Annahmen weggelassen hat, nämlich: "1. auf der Erde und 2. auf Meereshöhe, 3. solange sich alles langsam bewegt und 4. es sich um normale Materie handelt". Tatsächlich waren Galileo diese Annahmen nicht bewusst. Sie waren implizit. Sonst hätte er vermutlich gleich eine allgemeinere Theorie formuliert und Newton, Kepler und Einstein arbeitslos gemacht.
Für mich ist deshalb die wichtigste Erkenntnis, dass alles was heute brandneu ist, später überholt sein kann, auch wenn es vorher nicht falsch war. Vorsicht vor impliziten Annahmen.
_happy_assuming()
6. Januar 2013
Wolfspelz für alle
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Diese informative Grafik soll zeigen, wie man aus einer schönen Umsatzentwicklung durch zusätzliche Pfeile eine bedenkliche Marktsättigung herbeiargumentieren kann. (Quelle: FAZ.net) |
Wie im Artikel zu lesen, gibt es auf dem deutschen Markt besondere Herausforderungen. Händler klagen: "Vor allem Jacken hat inzwischen so ziemlich jeder".
Das erklärt endlich, warum Wolfspelz in Deutschland noch nicht ganz dominiert und auch warum dieser Blog nicht jeden Tag die magische Grenze von 20 Visits übertreffen kann, mit denen er in die illustre Riege der C-Blogger aufsteigen würde.
_happy_skinjacking()
5. April 2009
Metaprognose April 09
2 Monate später gibt es neue Daten, die Szenario 4 etwas zu optimistisch wirken lassen. Die Daten im grünen Bereich sind seit Februar dazu gekommen. Sie bilden einen neuen Cluster in fast linearer Fortführung der fallenden Tendenz von Oktober bis Februar.
Mögliche Szenarien:
[5] selbst wenn sich die Prognosen langsam stabilisieren sieht -6 bis -7 % derzeit wahrscheinlicher aus.
[6] es ist trotzdem nicht auszuschließen, dass sich alle Wirtschaftsinstitute in einem kollektiven Schockzustand befinden und sich mit Negativprognosen überbieten. Vielleicht gibt es Mitte des Jahres bessere Wirtschaftsdaten und sie kommen plötzlich wieder zur Besinnung.
Ein Verlauf nach [6] würde Wirtschaftsprognosen fast ad absurdum führen. Das sieht dann eher nach Reaktion, als nach Projektion aus. Die Wirtschaftsinstitute wirken im Moment eher wie Getriebene und Überrumpelte, denn wie Analysierende und Wissende.
Es sieht ganz so aus, als ob die Modelle der Institute versagt haben. "Versagt" ist natürlich ein starkes Wort und klingt nach persönlichen Fehlern der Wissenschaftler. Aber so ist das in Wahrheit nicht. Wissenschaftler analysieren die Welt, die sie vorfinden. Daraus konstruieren sie mathematische Modelle. Ein Modell ist dann richtig, wenn man Zahlen in die Formeln einsetzt und tatsächlich gemessene Wirtschaftsdaten herauskommen. Wenn das Modell besonders gut ist, dann kann man Zahlen einsetzen, die man in naher Zukunft erwartet und eine Wirtschaftsprognose für die nahe Zukunft bekommen. Das funktioniert im Moment nicht mehr, da der Zusammenbruch der Finanzmärkte nicht in den Modellen abgebildet wurde.
Das ist zumindest die aktuelle Erklärung: es fehlt einfach ein Faktor, der plötzlich dominant geworden ist, so dass das ganze Zahlenwerk irrelevant wird im Vergleich zum nun dominierenden Faktor. Der wurde ausgelassen, weil er bisher nicht wichtig war. Eine typische Näherungslösung und auch richtig, weil dieser Faktor bisher das Ergebnis nie verändert hätte.
In der Physik ist man viel weniger schockiert, wenn eine Theorie platzt. Im Gegenteil, das Leben des theoretischen Pysikers besteht darin sich Theorien auszudenken und diese zu veröffentlichen. Wenn sich eine Theorie bestätigt, dann freut man sich und schreibt noch eine Veröffentlichung. Die Freude hält aber nicht ewig, weil es irgendwann langweilig wird. Wenn die Theorie das Experiment perfekt beschreibt, dann wird der theoretische Physiker irgendwann arbeitslos. Er kann dann nur noch hoffen, dass das Experiment (die Realität) irgendwann ein bisschen vom Modell abweicht.
Genau das ist beim LHC im CERN geschehen. Der Vorgänger (LEP) hat das Standardmodell der Quantenphysik so genau bestätigt, dass man eigentlich zufrieden sein sollte. Es gibt nur mathematische Unschönheiten und kleinliche Kritik, wie zu viele Parameter, aber die Natur hält sich perfekt an das Standardmodell. Was tut also der Physiker? Er bittet die Regierung um ein paar Milliarden Euro, um eine neue Maschine (LHC) zu bauen, die vielleicht doch noch eine Abweichung zwischen Modell und Experiment aufdecken könnte.
Reines Wunschdenken? Nein. Es ist eine wohl bekannte Tatsache in der Physik, dass ein Modell nur in einem bestimmten Bereich gilt. Schaut man genauer hin, dann ergeben sich Abweichungen und man erweitert die Theorie. Das ist schon oft geschehen. So hat sich die Wissenschaft entwickelt, von Galileo Galilei und dem Fallexperiment am schiefen Turm von Pisa, über Newton und Kepler bis zu Einsteins Relativitätstheorie. Jede Theorie baut auf der anderen auf, verfeinert sie und beschreibt die Natur genauer.
Warum müssen Modelle in der Physik erweitert werden? Wann versagen sie überhaupt? Was ist so ein "Bereich" in dem eine Theorie gilt? Normalerweise hat das mit Energie zu tun. Theorien gelten in einem bestimmten Energiebereich. Steigert man die Energie, dann kommen andere Aspekte der Natur zum Vorschein, die nicht von der alten Theorie erfasst werden. Man braucht eine neue Theorie, die die neuen Aspekte einbezieht, weil diese irgendwann dominieren und alles andere verdrängen. Bei höherer Energie wirken vor allem die neuen Aspekte der Natur. So ist das bei Newton und Einstein passiert. In der Nähe von Schwarzen Löchern, die sehr viel Energie haben, ist der Raum stark gekrümmt. Newton wusste nichts von Raumkrümmung. Auf der Erde stimmt Newtons Theorie. Aber bei einem Schwarzen Loch spielt die Raumkrümmung eine so starke Rolle, dass die normale Newton-Theorie falsch wird. Man muss die Raumkrümmung mit berücksichtigen. Dann stimmt es wieder. Die Raumkrümmung ist der neue Aspekt der Natur, der plötzlich wichtig wird, bei hohen Energien.
Zurück zur Wirtschaft. Ein neuer Aspekt in der Wirtschaft ist plötzlich wichtig geworden: die Stabilität von Finanzderivaten, ihre Auswirkungen auf Interbankenkredite und letztlich auf die Realwirtschaft. Vorher waren Finanzderivate vernachlässigbar für die Entwicklung der Realwirtschaft. Auf einmal werden Finanzderivate entscheidend. Sie treten hervor und dominieren das Verhalten der Wirtschaft, auch der Realwirtschaft. Warum tritt dieser Aspekt der Wirtschaft so hervor?
In Analogie zu physikalischen Modellen könnte man annehmen, dass Wirtschaftsmodelle ihren Gültigkeitsbereich verlassen haben. Wodurch wird der Gültigkeitsbereich definiert? Was entspricht dem Begriff der Energie aus physikalischen Modellen? Vielleicht die Geldmenge? Wenn die Rolle des Geldes in einem Wirtschaftsmodell der Energie in einem physikalischen Modell entspricht, dann wird leicht verständlich warum Wirtschaftsmodelle versagen. Die Umsätze mit Finanzderivaten bewegen sich eine Größenordnung über denen der Realwirtschaft. Diese Umsätze haben neue Aspekte hervor treten lassen, die bisher vernachlässigt wurden
Man hat sozusagen ein Experiment gemacht mit viel mehr Energie, als je zuvor. Dabei hat man herausgefunden, dass es Abweichungen zwischen Theorie und Praxis gibt. Jetzt ist es Zeit, die Modelle anzupassen auf den neuen Energiebereich. Für die Wirtschaftswissenschaftler eine Überraschung, für Physiker ganz normal, aber für die Welt eine Katastrophe.
Das "Versagen" bezieht sich nicht auf fehlerhafte Modelle, sondern darauf, dass die Theoretiker nicht erkannt haben, dass sich das Experiment ausserhalb des Gültigkeitsbereichs ihrer Modelle befindet. Insofern wird Szenario [6] doch wieder möglich, weil sich ein Modellwechsel abzeichnet. Das alte Modell versagt, Panik macht sich breit, die Theoretiker entwickeln nach einer Weile ein besseres Modell und alles normalisiert sich wieder. Wunschdenken?
_happy_modeling()
6. Februar 2009
Metaprognose
Prognostiziertes Wirtschaftswachstum aufgetragen gegen Prognosedatum. Quelle: ifo, IWF, HWWI, EU-Kommission, DIW, IfW, RWI, OECD.
Wo also geht die Reise hin? Welches Negativwachstum bekommen wir nächstes Jahr? Das ist natürlich genau die Preisfrage und daran versuchen sich viele gute Leute. Das kann ich nicht besser beantworten. Aber vielleicht kann man diesen vereinten Sachverstand nutzen.
Man könnte eine Metaprognose versuchen. Statt die Entwicklung der Wirtschaft aus Wirtschaftsdaten vorherzusagen, versucht man die Entwicklung der Prognosen aus Prognosedaten abzulesen.
Ein Jahr im Vorraus ist die Datenlage offensichtlich ziemlich vage. Aber Ende 2008 können Wirtschaftsinstitute schon aus Q4 auf 2009 extrapolieren. Im Lauf des Jahres 2009 werden die Prognosen immer wieder angepasst. Ein immer größerer Teil des Jahres ist dann schon bekannt. Der Fehler wird immer kleiner. Ende 2009 konvergieren die Prognosen dann zum tatsächlichen Wert. Und das ist der interessante Punkt. Die Prognosen führen exakt zum Zielwert. Leider erst Ende 2009. Aber vielleicht gibt es schon vorher einen Trend.
Trägt man von Prognosen für 2009 das prognostizierte Wirtschaftswachstum gegen das Prognosedatum auf, ergibt sich ein ziemlich dramatischer Verlauf. Das überrascht nicht. Aber ist das ein Trend? oder hat der Verlauf keine Aussagekraft für die zukünftigen Prognosen und damit auch nicht für den tatsächlichen Wert für 2009?
Ich sehe mindestens 5 Szenarien:
- die aktuellen Prognosen sind zu pessimistisch und werden in den nächsten Monaten wieder korrigiert [1]. Vielleicht sind die Wirtschaftsinstitute in eine kollektive Panik verfallen und alles beruhigt sich wieder. Dann könnten wir glimpflich davonkommen. Dafür müssten die Prognosen aber bald eine scharfe Wende machen. Um zu beurteilen ob das realistisch ist, müsste man untersuchen ob es solche scharfen Tendwenden bei Prognosen schon früher gegeben hat.
- die Prognosen sind jetzt genau richtig. Das bedeutet, dass sie ab jetzt bis Ende des Jahres konstant bleiben [2]. Das ist immer noch ein scharfer Knick. Warum sollte die Prognose vom Dezember noch falsch gewesen sein, aber die vom Januar perfekt im Ziel liegen? Ein ähnliches Szenario wäre ein kurzer Dip der Prognosen unter -3% und dann ein Rebound auf -2% was zum gleichen Ergebnis führt.
- die Prognosen stabilisieren sich bald [3]. Dann könnten wir mit -3,5% davon kommen.
- der Trend setzt sich fort und stablisiert sich nicht mehr in 2009 [4]. Dann drohen -5% oder schlimmer.
- möglich wäre auch, dass die Prognosen eine langsame Wende zum Besseren machen. Sie könnten erst dem Verlauf von [4] folgen und gegen Jahresende doch noch 1% nach oben gewinnen. Dann könnten wir bei -3% ankommen. Genauso gut geht auch [3] mit einer Wende zum Guten und Ergebnis bei -2%. Andererseits war der Absturz ziemlich krass. Mathematisch: der Absolutwert der Krümmung der Kurve ist groß. Erfahrungsgemäß sind Wendungen zum Negativen in der Wirtschaft agiler, als die zum Positiven. Wenn man mal nicht davon ausgeht, dass es noch größere positive Krümmungen gibt, als die negative, die wir gerade erlebt haben, dann braucht die Wende zur positiven Steigung eher ein Jahr und für 2009 sieht es finster aus.
Klar ist, dass man für eine wissenschaftliche Analyse das Verhalten von Prognosen über viele Jahre analysieren müsste. Dann könnte man typische und maximale Krümmungsradien bestimmen und über die Statistik abschätzen wir wahrscheinlich eine Trendumkehr, in diesem Fall sogar die erhoffte zweite Trendumkehr ist.
Ach ja, wenn wir schon in die Kristallkugel schauen: DAX 3.500 :-)
_happy_forecasting()
30. November 2008
Solarenergie aus dem Weltraum
Das Thema geht ja immer mal wieder durch die Presse: man macht kilometergroße Solarsatelliten und strahlt die Energie per Mikrowelle zur Erde. Ist teuer wegen den Startkosten, aber es gibt immer wieder Vorschläge, die behaupten es ist finanzierbar. Und wenn dann alle Energieprobleme gelöst sind, kann man es sich ja auch was kosten lassen.
Kann ja sein, aber irgendwas ist daran komisch.
Der Punkt ist: die Solarsatelliten erzeugen Strom, der zur Erde tranportiert werden muß. Kabel geht nicht. Aber Mikrowellen kann man einfach erzeugen und ziemlich effizient wieder einfangen mit sogenannten Rectennas.
Nun haben aber manche Leute Angst, dass der Mikrowellenstrahl "abhauen" könnte und Leute in Städten röstet oder dass Vögel durchfliegen und gebraten werden. Vom Waffenpotential mal ganz zu schweigen. Deshalb fächert man den Mikrowellenstrahl so weit auf, dass er keinen Schaden (respektive Kriegsnutzen) anrichten kann. Er hat dann etwa die Energiedichte von normaler Sonnenstrahlung. Das ist dann für alle verständlich, weil Vögel ja sonst auch kein Problem mit der Sonne haben.
Für 1 Gigawatt, das entspricht etwa einem Kernreaktor, braucht man ein 1 km großes Feld von Empfangsantennen. Kann man machen, ist sicher nicht billig. Aber was mich vor allem wundert: warum fängt man nicht gleich Sonnenstrahlung auf dem Boden ein, statt Sonnenstrahlung im Weltraum, dann per Mikrowelle zur Erde und auf dem Boden Mikrowelle einfangen. Wenn die Leistungsdichte des 1 km breiten Mikrowellenstrahls so ist, wie die Sonnenstrahlung dann kann man doch gleich die Sonnenstrahlung einfangen. Die Sonne liefert ca. 1 kW/qm. Das nennt man Solarkonstante. Genauer: 1,37 kW +/- 5% pro Quadratmeter. Aber 1 kW reicht als Abschätzung.
Und siehe da, 1 kW/qm multipliziert mit 1 Quadratkilometer Empfangsfläche ist genau 1 Gigawatt. Natürlich hat man Nacht und mal Wolken, aber statt das Zeug ins All zu transportieren kann man auch einfach 4 mal so viele Solarkollektoren bauen. Für den Preis des Transports bekommt man sicher 4 mal so viele Solarzellen oder Spiegel. Kommt noch dazu, dass man auf der Erde nur auf Energieeffizienz achten muß, im Weltraum aber vor allem auf Gewicht. Da meistens leichter=teurer kann man sich auch deswegen mehr Quadratkilometer auf der Erde leisten.
Dass mir jetzt keiner sagt man muß Platz sparen. Platz ist genug da. Und zwar genau dort wo er billig ist und die Sonne ohne Wolken brennt: in der Wüste. Auch die Mikrowellenempfänger würde man ja wohl in der Wüste bauen. Jedenfalls abseits von Städten und da wo keiner jammert, wenn das Gemüse mal ausversehen Mikrowelle abbekommt, d.h. nicht in der Kulturlandschaft. Berge sind auch unpraktisch.
Bei so attraktiven Kriterien wie "flach, billig, leer, trocken" bleibt auf der Erde nur die Wüste. Es gibt Millionen Quadratkilometer Wüste. Nevada reicht für die USA. Ein tausendstel Sahara reicht für allen Strom in Europa. Kurze Rechnung: 1 Atomkraftwerk bringt pro Reaktor ca. 1 Gigawatt. Die Sonne pro Quadratkilometer auch. Die Sahara hat 9 Mio. Quadratkilometer. Das wären 3 Mio. Atomkraftwerke. Baut man nur ein Hundertstel der Sahara mit Solarzellen oder Spiegeln zu, dann erzeugt man genügend Strom für die ganze Erde. Auch in Zukunft. Energie ist nicht knapp. Die Sonne liefert im Überfluß. Wie nutzen sie nur nicht.
Zurück zu Solarenergie aus dem Weltraum: also entweder
- der Mikrowellenstrahl wird doch gebündelt und hier ist eine große Augenwischerei im Spiel
- Solarsatelliten mit Mikrowellenübertragung sind totaler Unsinn und man sollte lieber 4 Quadratkilometer Solarzellen in die Wüste bauen, statt 1 Quadratkilometer voller Mikrowellenempfänger.
- ich habe was nicht verstanden.
_happy_burning()
29. November 2008
Unsichtbare Schneeflocken sehen
Heute morgen sehe ich aus dem Fenster: es schneit. Ich gehe ans Fenster und die ganze Straße runter schneit es. Klar, würde man denken. Wenns schneit, schneits überall.
Erstaunlich ist aber dass ich es sehen kann, auch in 50 m Entfernung. Ich bin kurzsichtig (Stärke 1,5) und ich kann sicher nicht eine Schneeflocke in 50 m Entfernung sehen. Ich kann ja ohne Brille nicht mal aus 10 m Entfernung den Tafelanschrieb lesen. Der Strich der Kreide ist so groß wie die Schneeflocken heute morgen, genauso weiss vor dunklem Hinergrund, aber 50 m: keine Chance. Also WTF?
Mein Verdacht: die Rübe spielt mir was vor. In der Nähe sehe ich wirklich Flocken, in der Ferne glaube ich auch Flocken zu sehen. Aber wahrscheinlicher ist, dass ich im Fernbereich statistische Dichtefluktuationen der Schneeflockenverteilung optisch verstärkt durch die Transversalbewegung sehe und mir einbilde ich sehe einzelne Flocken fallen, weil ich weiss, dass sie da sind.
_happy_flocking()