2. März 2008

Schwanzwedeln

Denken Hunde eigentlich über ihr Verhältnis zum Menschen nach? Weiß der Hund, dass er besser riechen kann, aber Herrchen dafür besser ist in Differentialrechnung? Interessiert es ihn überhaupt? Sollte es ihn kümmern? - wahrscheinlich nicht.

Aber Menschen denken manchmal darüber nach, ob es noch etwas Anderes gibt, etwas Höheres, Intelligenteres, Besseres, Umfassenderes. Menschen haben das Gefühl, dass da noch etwas ist. Nur was es ist, da sind sie sich nicht einig. Vielleicht ist es ein Zustand, den Menschen selbst erreichen können, vielleicht ist es ein höheres Wesen, vielleicht ist es transzendent. Die einen nennen es Natur oder Nirvana, andere Gott, manche nennen es Protector oder außerirdische Superintelligenzen.

So viele Menschen glauben daran und vielleicht haben sie ja Recht. Angenommen da ist tatsächlich ETWAS. Lohnt es sich darüber nachzudenken? Können wir ES durch unsere Art des Nachdenkens erfassen? Sollte es uns kümmern? - wahrscheinlich nicht.

Noch mal zurück zum Hund: Hunde sind vermutlich zufrieden, wenn sie gesund sind, regelmäßiges Futter haben und mit Frauchen spazieren gehen ("zufrieden" hier im biologischen Sinne, wenn Hormone Schwanzwedeln verursachen). Hunde treffen andere Hunde und kommunizieren mit ihnen. Manche mögen sich, manche bellen sich an. Summa summarum ein schönes Hundeleben. Und dann ist da noch der Mensch. Sicher nimmt der Hund den Menschen wahr. Der Mensch setzt Randbedienungen innerhalb derer sich der Hund bewegt. Der Mensch bestimmt, wann es Futter gibt, wann Gassi gegangen wird, wann und ob Fortpflanzung stattfindet. Eine Hundeleine an der Wohnzimmertür schüttet Glückshormone aus. Aber freut sich der Hund in Erwartung zukünftiger Ereignisse basierend auf bewußter Extrapolation vorangegangener Erlebnisse? Nein, der Hund verfügt über Mechanismen, die ihn Schwanzwedeln lassen. Aber planerisches Denken spielt dabei keine große Rolle.

Auf der Straße kann es zu einer Situation kommen, wo der Mensch den Hund vor einem Auto rettet indem er an der Leine zieht. Der Hund kennt vermutlich keine Kausalkette: Laufen - Auto - Zusammenstoß - Genickbruch. Wie konnte der Mensch wissen, was hätte passieren können? Fragt sich der Hund warum der Mensch an der Leine zieht? Eher löst der Zug nur kurze Irritation aus, ändert ein Verhalten und ein mögliches Ereignis tritt nicht ein. Aus der Sicht des Hundes müsste das wie Hellsehen wirken. Aber der Hund denkt nicht darüber nach. Im fehlt die Ausrüstung. Ihm fehlt das planerische theoretische Denken. Selbst wenn er es versuchte, könnte er menschliche Intelligenz nicht verstehen. Man braucht menschliche Intelligenz, um menschliche Intelligenz zu verstehen. Wahrscheinlich merkt der Hund einfach nur, dass da ETWAS ist und lebt gut damit.

Zurück zum Menschen: viele merken, dass da ETWAS ist. Wir spekulieren darüber und denken uns Erklärungen aus. Wir vertreten unsere Lieblingserklärung manchmal so vehement, dass wir andere Menschen dafür umbringen. Dabei können wir die richtige Erklärung gar nicht geben. Uns fehlt die Ausrüstung. Wir wissen nicht einmal was da fehlt. Letztlich können wir ES nicht verstehen. Man braucht ES, um ES zu verstehen und wir haben ES nicht.

Aber wir könnten gut damit leben, wenn wir uns damit abfinden würden. Grübeln wird wahrscheinlich nicht helfen. Andere umbringen auch nicht. Schwanzwedeln - oder was Menschen eben tun wenn sie sich freuen - wäre meistens besser. Da kann der Mensch vom Hund noch was lernen.

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