30. September 2013

Statistisch Spenden

Ich werde jetzt jeden Tag einen Euro spenden. Das tut nicht weh. Das muss drin sein.

Man wird ja immer wieder mal gefragt, ob "ma mal nen Euro hat". Mal vom Obdachlosen, mal vom Punk, mal vom Musikanten, mal in der Fußgängerzone, in der Unterführung, im Park, auf der Straße, mal mit Gegenwert (Obdachlosenzeitschrift, Kugelschreiber, Glückskeks, Musik) und mal ohne.

Der Befragte schaut sich dann gerne den Fragenden genau an, um zu entscheiden, ob der Fragende auch ein Bedürftiger ist. Man will ja wohl überlegt entscheiden, damit die Spende nicht aus Versehen an den Falschen geht. Man will ja nicht dem Falschen was geben und damit irregeführt worden sein. Irregeführt zu werden mag man überhaupt nicht. Lieber nichts geben. Im Zweifel gegen die Spende. Das ist Quatsch.

Die meisten, die fragen, sind bedürftig. Das ist dem geneigten Leser so klar, wie mir. Aber die Konsequenz ist für mich neu. Ich gebe ab jetzt jedem der fragt, solange das Budget reicht. Statistisch gesehen erreicht es die richtigen.

Nicht mehr überlegen, ob die Musik vom Musikanten gut war. Klar, Schifferklavier nervt, aber wollen wir deshalb auf Musikanten verzichten. Einfach geben. Statistisch die Straßenmusik unterstützen. Nicht mehr überlegen, ob der Penner den Euro gleich in Fusel anlegt. Einfach geben. Statistisch gesehen kauft er ja auch was zu beißen. Nicht überlegen, ob das Bein vom Invaliden nur untergeschlagen ist. Einfach geben. Statistisch sind da auch echte arme Schweine dabei. (Mal davon abgesehen, dass einer, der ein Bein unterschlägt, um zu betteln, sicher auch kein leichtes Leben hat.)

Einfach geben. Statistisch gesehen ist das richtig.

Dabei ist ein kleines logistisches Problem zu lösen. Den Euro hat man nicht immer parat. Typische Situation: "Haste mal nen Euro", Der Geldbeutel ist in der Tasche, beide Hände voll mit dem Einkauf, "sorry, würde ja gerne, vielleicht nächstes mal".

Lösung: immer 2 Euro im First Level Cache (Hosentasche). Damit die Pipeline voll bleibt, maintaine ich zuhause zusätzlich einen Second Level Cache in Form einer Schale mit Eurostücken an der Wohnzimmertür. Da kann man auch mal wechseln, falls der Geldbeutel nicht die richtige Stückelung hergibt. Die Schale dient auch als Leaky Bucket Filter, um den Durchsatz zu regeln. Performanceprobleme fallen schnell auf, wenn die High Water Mark erreicht wird. Dann muss man den Output aufdrehen.

_happy_giving()